Immer wieder stellt sich die Frage, ob auch unpünktliche Mietzahlungen eine Kündigung – ordentlich oder außerordentlich – rechtfertigen können. Zunächst ist zu klären, was überhaupt als „unpünktliche Zahlung“ anzusehen ist. Dann muss geklärt werden, ob und unter welchen Rahmenbedingungen eine Kündigung möglich ist.
1. Die unpünktliche Zahlung
Mieter müssen in der Regel bis zum 3. Werktag im Monat die Miete überweisen (s. dazu den Leitsatz des www.juris.bundesgerichtshof.deUrteils des BGH vom 5. Oktober 2016, VIII ZR 222/15), vgl. § 556b Fälligkeit der Miete, Aufrechnungs- und Zurückbehaltungsrecht
Die Miete ist zu Beginn, spätestens bis zum dritten Werktag der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten, …
(Link: Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 556 b Abs. 1 BGB. Die Überweisung muss dann nicht schon auf dem Konto des Vermieters gutgeschrieben worden sein (s. o., BGH):
Gemäß § 556 b Abs. 1 BGB, der bestimmt, dass die Miete zu Beginn, spätestens bis zum dritten Werktag der vereinbarten Zeitabschnitte zu entrichten ist, kommt es für die Rechtzeitigkeit der Mietzahlung im Überweisungsverkehr nicht darauf an, dass die Miete bis zum dritten Werktag des vereinbarten Zeitabschnitts auf dem Konto des Vermieters eingegangen ist. Es genügt, dass der Mieter – bei ausreichend gedecktem Konto – seinem Zahlungsdienstleister den Zahlungsauftrag bis zum dritten Werktag des vereinbarten Zeitabschnitts erteilt.
Ein Mieter zahlt also noch rechtzeitig seine Miete, wenn er den Überweisungsauftrag bis zum dritten Werktag eines Monats erteilt hat. Das Geld muss nicht unbedingt schon am 3. Werktag auf dem Konto des Vermieters angekommen sein. Es genügt, wenn der Mieter bis spätestens zum dritten Werktag seine Überweisung getätigt hat. Gemäß dem oben genannten Urteil des BGH ist sogar eine ausdrückliche Klausel in einem Formularvertrag mit dem Inhalt, dass es nicht auf die Zahlung, sondern auf den Geldeingang ankommt, unwirksam (s. o., BGH):
In Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Wohnraummietvertrages, der bestimmt, dass die laufende Miete monatlich im Voraus, spätestens am dritten Werktag des Monats auf das Konto des Vermieters zu zahlen ist, ist die Klausel „Für die Rechtzeitigkeit der Zahlung kommt es nicht auf die Absendung, sondern auf den Eingang des Geldes an. Aus mehrfach verspäteter Mietzahlung kann der Mieter keine Rechte herleiten; vielmehr kann dies im Einzelfall ein Grund für eine Kündigung des Mietverhältnisses sein.
Der Samstag zählt nicht zu den Werktagen (vgl. www.juris.bundesgerichtshof.deUrteil des BGH vom 13. Juli 2010, VIII ZR 129/09):
Bei der Berechnung der Zahlungsfrist von drei Werktagen, die ein vorleistungspflichtiger Mieter nach § 556 b Abs. 1 BGB oder entsprechenden Vertragsklauseln einzuhalten hat, ist der Sonnabend nicht als Werktag mitzuzählen.
2. Die Kündigung wegen einer unpünktlichen Zahlung
Zur Frage, wann eine wiederholte unpünktliche Zahlung der Miete eine außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund rechtfertigen kann, führte der www.juris.bundesgerichtshof.deBGH in einem Urteil vom 11. Januar 2006 (VIII ZR 364/04) aus:
[10] 1. Die außerordentliche Kündigung des Klägers ist allerdings nicht aus wichtigem Grund unter dem Gesichtspunkt des Zahlungsverzuges gemäß §§ 543 Außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund
(1) Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund …
(Link: Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3, 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB gerechtfertigt. Eine solche Kündigung ist gemäß § 543 Abs. 2 S. 2 BGB ausgeschlossen, wenn der Vermieter – wie hier – vor dem Zugang der Kündigung (§ 130 BGB) vollständig befriedigt wird, wobei es auf die Rechtzeitigkeit der Erfüllungshandlung ankommt.
[11] 2. Ein Anspruch des Klägers auf Räumung und Herausgabe der vom Beklagten gemieteten Wohnung (§ 546 Abs. 1 BGB) kann aber nicht mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung verneint werden, eine außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund wegen Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung (§ 543 Abs. 1 BGB) aufgrund fortdauernd unpünktlicher Mietzahlungen komme nur in Betracht, wenn der Mieter die Miete nach einer Abmahnung mit Kündigungsandrohung innerhalb eines Jahr es noch dreimal verspätet zahle.
[12] a) Nach § 543 Abs. 1 S. 1 BGB kann jede Partei das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann (§ 543 Abs. 1 S. 2 BGB). Die Beantwortung der Frage, ob eine Unzumutbarkeit in diesem Sinne vorliegt, ist das Ergebnis einer wertenden Betrachtung; diese obliegt in erster Linie dem Tatrichter und kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob der Tatrichter die maßgebend en Tatsachen vollständig und fehlerfrei festgestellt und gewürdigt hat oder ob er die allgemein anerkannten Maßstäbe berücksichtigt und richtig angewandt hat. …
Zunächst einmal führt der BGH also aus, dass – wenn der Vermieter vor dem Zugang der Kündigung vollständig befriedigt wird – eine außerordentliche Kündigung ausgeschlossen ist (nicht aber die ordentliche Kündigung).
Eine unpünktliche Zahlung kann aber dann zur außerordentlichen Kündigung berechtigen, wenn die Kündigung rechtzeitig zugeht und dem Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses unzumutbar im Sinne des § 543 Abs. 2 BGB ist.
Mit dem Thema der Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Mietverhältnisses beschäftigen sich die nachfolgenden Urteile:
Das LG Düsseldorf bestätigte in einem www.justiz.nrw.deUrteil vom 29. Juni 2016 (23 S 100/15) eine Entscheidung des www.justiz.nrw.deAG Neuss vom 25. November 2015 (80 C 2335/15). Auch nach zwei Abmahnungen und Kündigungsandrohungen hatte der Mieter weiter unpünktlich gezahlt:
Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung aus § 546 Abs. 1 BGB. Zu Recht gelangt das Amtsgericht zu dem Ergebnis, dass das Mietverhältnis durch die außerordentliche fristlose Kündigung vom 08.06.2015 durch die Klägerin gem. § 543 Abs. 1 BGB wirksam beendet wurde. Die Kündigung genügte der erforderlichen Schriftform, § 568 Abs. 1 BGB. Ein wichtiger Grund lag in der fortlaufenden unpünktlichen Mietzahlung. Durch diese war das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien derart zerrüttet, dass die Klägerin auch in Zukunft nicht mehr mit der ordnungsgemäßen Erfüllung der vertraglichen Pflichten seitens der Beklagten rechnen konnte. Die Beklagten haben zunächst über einen Zeitraum von vier Monaten ihre Miete unpünktlich gezahlt. Hierauf wurden die Beklagten von der Klägerin abgemahnt. Bereits in dieser Abmahnung wies die Klägerin auf eine fristlose Kündigung als Folge weiterer unpünktlicher Mietzahlungen hin. Doch auch im nächsten Monat zahlten die Beklagten ihre Miete unpünktlich, was die Klägerin zu einer erneuten Abmahnung und wiederholter Ankündigung einer fristlosen Kündigung veranlasste. Ungeachtet dessen zahlten die Beklagten auch im Folgemonat ihre Miete nicht rechtzeitig. Die Klägerin musste also davon ausgehen, dass die Beklagten sich auch in Zukunft nicht vertragskonform verhalten würden.
Geringfügig unpünktliche Zahlungen sollen eine außerordentliche/ordentliche Kündigung aber auch nach einer Abmahnung jedenfalls dann nicht rechtfertigen, wenn das störende Zahlungsverhalten nur kurz währte und ansonsten das Mietverhältnis langjährig andauerte (vgl. Urteil des LG Berlin vom 29. November 2016, 67 S 329/16):
1. Unpünktliche Mietzinszahlungen des Mieters rechtfertigen dessen außerordentliche oder ordentliche Kündigung durch den Vermieter bei ansonsten beanstandungsfreiem Verlauf eines langjährigen Mietverhältnisses auch nach fruchtlosem Ausspruch einer Abmahnung zumindest dann nicht, wenn die Zahlungen mit lediglich geringer zeitlicher Verzögerung nach Fälligkeit beim Vermieter eingehen und das störende Zahlungsverhalten des Mieters insgesamt nur wenige Monate währt.
2. Den unpünktlichen Mietzahlungen des Mieters kann das für den Kündigungsausspruch erforderliche Gewicht auch dann fehlen, wenn sein Zahlungsverhalten bei isolierter Betrachtung zwar eine Kündigung rechtfertigen würde, sich der Vermieter vor Ausspruch der Kündigung aber selbst pflichtwidrig gegenüber dem Mieter verhalten hat.
Schreiben Sie einen Kommentar,
stellen Sie eine Frage