Zwei Voraussetzungen müssen für die Bewilligung vom Prozesskostenhilfe erfüllt sein:
- Der Antragsteller darf nicht in der Lage sein, die Kosten einer gerichtlichen Rechtsverfolgung ganz oder teilweise selbst aufzubringen. Der Antragsteller muss bedürftig sein.
- Der Antrag muss hinreichende Aussichten auf Erfolg bieten und darf nicht willkürlich sein.
Sind die beiden Voraussetzungen gemäß § 114 Voraussetzungen
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. …
(Link: Gesetzestext unter www.rechtsanwalt-und-sozialrecht.de)§ 114 ZPO erfüllt, wird der Rechtsanwalt auf einen entsprechenden Antrag durch Beschluss des Gerichts beigeordnet.
1. Bedürftigkeit
Wann gilt eine Partei als bedürftig?
Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, § 114 Voraussetzungen
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, …
(Link: Gesetzestext unter www.rechtsanwalt-und-sozialrecht.de)§ 114 Abs. 1 S. 1 1. Halbsatz ZPO.
Unproblematisch besteht Bedürftigkeit, wenn Leistungen nach dem SGB XII gewährt werden. Dann genügt zum Nachweis der Bedürftigkeit die Vorlage des entsprechenden Bescheides des Sozialamtes. Die gilt aber nicht für Leistungen nach dem SGB II. Bei Leistungen zum Hartz 4 gelten z. B. erheblich höhere Vermögensfreibeträge. Allein die Vorlage der entsprechenden Bewilligungsbescheide eines Jobcenters genügt also zum Nachweis der Bedürftigkeit nicht. Die Freigrenzen in § 115 Einsatz von Einkommen und Vermögen
(1) Die Partei hat ihr Einkommen einzusetzen. Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Von ihm sind abzusetzen:
1. a) die in § 82 Abs. 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Beträge; …
…
(Link: Gesetzestext unter www.rechtsanwalt-und-sozialrecht.de)§ 115 ZPO entsprechen denen im SGB XII und nicht denen im Rahmen des SGB II-Bezuges. § 115 ZPO nimmt in Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 ausdrücklich Bezug auf die Vorschriften der §§ 82 Begriff des Einkommens
(1) Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch, …
(Link: zum Gesetzestext unter www.rechtsanwalt-und-sozialrecht.de)§ 82 und § 90 Einzusetzendes Vermögen
(1) Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen. …
(Link: zum Gesetzestext unter www.rechtsanwalt-und-sozialrecht.de)90 SGB XII zur Berücksichtigung des Einkommens und des Vermögens bei der Berechnung der Sozialhilfe (vgl. dazu auch den Beitrag Die Begriffe „Einkommen“ und „Vermögen“ im SGB II und im SGB XII).
Die Prozesskostenhilfe ist im Ergebnis also eine spezialgesetzlich geregelte Form der Sozialhilfe im Bereich des gerichtlichen Rechtsschutzes.
2. hinreichende Aussicht auf Erfolg und Mutwilligkeit
Wann bestehen hinreichende Erfolgsaussichten für die Rechtsverfolgung?
Die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung muss hinreichende Aussicht auf Erfolg bieten und darf nicht mutwillig erscheinen.
a) hinreichende Aussicht auf Erfolg
Was beinhaltet der Begriff „hinreichend“?
Wann hat die Vertretung Aussicht auf Erfolg?
Die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung muss hinreichende Aussicht auf Erfolg bieten, § 114 Voraussetzungen
(1) …, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und … . …
(Link: Gesetzestext unter www.rechtsanwalt-und-sozialrecht.de)§ 114 Abs. 1 S. 1 2. Halbsatz 1. Alternative ZPO.
- hinreichend
Das Wort „hinreichend“ kennzeichnet, dass sich das Gericht mit einer vorläufigen Prüfung der Erfolgsaussichten begnügen kann und muss. Allein die Zustellung eines Urteils mit der lapidaren Feststellung „da die Berufung aus den Gründen des Urteils keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet“ genügt nicht, vgl. dazu www.bundesverfassungsgericht.deBVerfG, Urteil vom 19. April 2002, 1 BvR 1152/02.Urteil des BVerfG, Urteil vom 19. April 2002, 1 BvR 1152/02, Rdnr. 12 - [12] … Hierin tritt klar zu Tage, dass das Oberverwaltungsgericht die Erfolgsaussichten der Klage zu einem früheren Zeitpunkt des Berufungsverfahrens mindestens für offen hielt. Dies hätte die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gerechtfertigt. …
- Aussicht auf Erfolg
Der Klageanspruch hat in der Regel schon dann hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn die Entscheidung davon abhängt, dass schwierige Rechts- und Tatfragen beantwortet werden müssen. Wenn es Fragen gibt, die nur geklärt werden können, indem ein Gutachten eingeholt wird, ist also PKH zu gewähren.
b) mutwillig
Wann entfällt der Anspruch wegen Mutwilligkeit?
Die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung dürfen nicht mutwillig erscheinen, § 114 Voraussetzungen
(1) …, … und nicht mutwillig erscheint. …
(Link: Gesetzestext unter www.rechtsanwalt-und-sozialrecht.de)§ 114 Abs. 1 S. 1 2. Halbsatz 2. Alternative ZPO.
Mutwillig handelt derjenige, der davon abweicht, was bei der auch hier erlaubten und auch notwendigen lediglich vorläufigen Prüfung eine verständige ausreichend bemittelte Partei in einem gleichliegenden Fall tun würde.
Eine mutwillige Rechtsverteidigung liegt aber vor, wenn ein begüterter Rechtssuchender bei Berücksichtigung aller Umstände davon absehen würde, sich auf eigene Kosten rechtlich vertreten zu lassen, vgl. dazu auch § 114 Voraussetzungen
(1) …
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
(Link: Gesetzestext unter www.rechtsanwalt-und-sozialrecht.de)§ 114 Abs. 2 ZPO.
Die Prozesskostenhilfe gilt nur für die Gerichtskosten und die eigenen Anwaltsgebühren.
Bei einem Unterliegen werden die Anwaltskosten der Gegenseite nicht ersetzt.
Außerdem prüfen die Gerichte nachträglich, ob sich die wirtschaftlichen Verhältnisse gebessert haben und können sich die Kosten eventuell wieder zurückholen (s. u. 10. und den Beitrag Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse.
Das Gericht kann die Entscheidung zur Bewilligung der Prozesskostenhilfe nachträglich ändern, § 120 a Abs. 1 S. 1 ZPO.
Für die Durchführung des Nachverfahrens…
(Link: zum Beitrag unter www.rechtsanwalt-und-sozialrecht.de)Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse).
3. Besonderheiten im Sozialrecht
Welche Besonderheiten gelten im Sozialrecht?
§ 73 a SGG – Prozesskostenhilfe
(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. …
(2) …
(Link: Gesetzestext unter www.rechtsanwalt-und-sozialrecht.de)§ 73 a SGG erklärt die Regelungen der ZPO für entsprechend anwendbar.
Anders als im Zivilrecht kann die Klage im Sozialrecht aber nicht von der Bewilligung von Prozesskostenhilfe abhängig gemacht werden. Die Klage gilt bereits mit ihrem Eingang beim Gericht als erhoben, §§ 90, 94 SGG.
Im Zivilrecht kann eine Klage von der Bewilligung der Prozesskostenhilfe abhängig gemacht werden. Die Klage kann hier „bedingt“ erhoben werden. Ein Klageverfahren liegt dann erst nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe und Zustellung der Klage vor.
4. Abgrenzung zur Beratungshilfe
Wie unterscheidet sich die Prozesskostenhilfe von der Beratungshilfe?
Die Abgrenzung der Prozesskostenhilfe von der Beratungshilfe ist einfach: Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe erfolgt für das gerichtliche Verfahren.
Die Beratungshilfegebühr entsteht für die rechtliche Beratung durch einen Rechtsanwalt außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens.
5. Hinweispflicht des Anwalts – Vergütungsvereinbarung
Was muss der Anwalt beachten, wenn Prozesskostenhilfe in Betracht kommt?
Der Anwalt muss den Mandanten gemäß Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe
(1) Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, bei begründetem Anlass auf die Möglichkeiten von Beratungs- und Prozesskostenhilfe hinzuweisen.
(2) …
(Link: Gesetzestext unter www.rechtsanwalt-und-sozialrecht.de)§ 16 Abs. 1 BORA auf eine eventuell mögliche Prozesskostenhilfe hinweisen.
Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe
(1) …
(2) Der Rechtsanwalt darf nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe oder bei Inanspruchnahme von Beratungshilfe von seinem Mandanten oder Dritten Zahlungen oder Leistungen nur annehmen, die freiwillig und in Kenntnis der Tatsache gegeben werden, …
(Link: Gesetzestext unter www.rechtsanwalt-und-sozialrecht.de)§ 16 Abs. 2 BORA enthält für den Anwalt ein Verbot, Zahlungen nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe ohne Hinweis auf das Nichtbestehen einer Verpflichtung anzunehmen. Üblich und erlaubt ist es deshalb insbesondere im Hinblick auf eine eventuell unsichere Bewilligung, Vorschüsse vor der Bewilligung zu fordern.
6. Beschränkung der Bewilligung
Die Beiordnung eines Rechtsanwaltes kann beschränkt werden. So kann z. B. die Bewilligung nur zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwaltes erfolgen. So wird vermieden, dass hohe Kosten durch einen auswärtigen Anwalt allein schon durch die dann anfallenden Reisekosten von der Gerichtskasse ersetzt werden müssen.
Die Beschränkung muss ausdrücklich in dem bewilligenden Beschluss erfolgen.
7. Festsetzung der Kosten
Die Prozesskostenhilfegebühren werden auf Antrag gemäß § 55 Abs. 1 RVG vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle festgesetzt.
Gegen die Festsetzung ist das Rechtsmittel der Erinnerung gegeben.
8. Höhe der Kosten
Die Höhe der Prozesskostenhilfe entspricht im Sozialrecht zumeist der Wahlanwaltsgebühr. Dies gilt, wenn Betragsrahmengebühren gemäß § 3 Gebühren in sozialrechtlichen Angelegenheiten
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz nicht anzuwenden ist, entstehen Betragsrahmengebühren. …
(Link: zum Gesetzestext unter www.rechtsanwalt-und-sozialrecht.de)§ 3 RVG anfallen.
Bei Wertgebühren gemäß § 2 RVG wird die Vergütung ab einem Gegenstandswert von 4.000 € gemäß der Tabelle in § 49 RVG – Wertgebühren aus der Staatskasse
(1) Bestimmen sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert, werden bei einem Gegenstandswert von mehr als 4 000 Euro anstelle der Gebühr nach § 13 Absatz 1 folgende Gebühren vergütet: …
(Link: Gesetzestext unter www.rechtsanwalt-und-sozialrecht.de)§ 49 RVG gekappt.
9. dieselbe Angelegenheit
Das Prozesskostenhilfeverfahren und das anschließende Hauptsachverfahren sind gemäß § 16 Abs. 2 RVG dieselbe Angelegenheit.
Gemäß § 15 RVG – Abgeltungsbereich der Gebühren
…
(3) Sind für Teile des Gegenstands verschiedene Gebührensätze anzuwenden, entstehen für die Teile gesondert berechnete Gebühren, jedoch nicht mehr als die aus dem Gesamtbetrag der Wertteile nach dem höchsten Gebührensatz berechnete Gebühr.
…
(Link: Gesetzestext unter www.rechtsanwalt-und-sozialrecht.de)§ 15 Abs. 3 RVG fallen zwar beide Gebühren an. Die Gebühren werden aber gegeneinander aufgerechnet.
10. Rückzahlung von Prozesskostenhilfe
Das Gericht kann die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich verändert haben, § 120 a Änderung der Bewilligung
(1) Das Gericht soll die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich verändert haben. …
(Link: Gesetzestext unter www.rechtsanwalt-und-sozialrecht.de)§ 120 a Abs. 1 S. 1 ZPO (vgl. dazu auch den Beitrag Prozesskostenhilfe – Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse gemäß § 120 a ZPO).
Dem Antragsteller obliegen Mitteilungspflichten gegenüber dem Gericht bei wesentlichen Änderungen der wirtschaftlichen Verhältnisse, § 120 a Änderung der Bewilligung
(1) …
(2) Verbessern sich vor dem in Absatz 1 Satz 4 genannten Zeitpunkt die wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei wesentlich oder ändert sich ihre Anschrift, hat sie dies dem Gericht unverzüglich mitzuteilen. …
(Link: Gesetzestext unter www.rechtsanwalt-und-sozialrecht.de)§ 120 a Abs. 2 S. 1 ZPO. Verbessern sich vor dem in § 120 a Änderung der Bewilligung
(1) … Eine Änderung zum Nachteil der Partei ist ausgeschlossen, wenn seit der rechtskräftigen Entscheidung oder der sonstigen Beendigung des Verfahrens vier Jahre vergangen sind.
(Link: Gesetzestext unter www.rechtsanwalt-und-sozialrecht.de)§ 120 a Abs. 1 S. 4 ZPO genannten Zeitpunkt die wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei wesentlich oder ändert sich ihre Anschrift, hat sie dies dem Gericht unverzüglich mitzuteilen. Eine wesentliche Änderung wird bei einem monatlichen Einkommen mit 100 Euro beziffert, § 120 a Änderung der Bewilligung
(1) …
(2) … Bezieht die Partei ein laufendes monatliches Einkommen, ist eine Einkommensverbesserung nur wesentlich, wenn die Differenz zu dem bisher zu Grunde gelegten Bruttoeinkommen nicht nur einmalig 100 Euro übersteigt. …
(Link: Gesetzestext unter www.rechtsanwalt-und-sozialrecht.de)§ 120 a Abs. 2 S. 2 ZPO.
Die Rückforderung von Prozesskostenhilfe ist aber nur innerhalb von vier Jahren möglich, § 120 a Änderung der Bewilligung
(1) … Eine Änderung zum Nachteil der Partei ist ausgeschlossen, wenn seit der rechtskräftigen Entscheidung oder der sonstigen Beendigung des Verfahrens vier Jahre vergangen sind.
(Link: Gesetzestext unter www.rechtsanwalt-und-sozialrecht.de)§ 120 a Abs. 1 S. 4 ZPO.
11. Verfahrenskostenhilfe
Welcher Unterschied besteht zwischen der Prozesskostenhilfe und der Verfahrenskostenhilfe?
Im familienrechtlichen Verfahren wird die Prozesskostenhilfe Verfahrenskostenhilfe genannt. Ansonsten besteht kein Unterschied.
12. Antragsformulare
Anträge und Antragsformulare zur Beratungshilfe sowie zur Prozess- und Verfahrenskostenhilfe im PDF-Format finden Sie z. B. in dem Internetauftritt des Bundesjustizministeriums:
– Link zum Beratungshilfeantrag
– Link zum Prozess- und Verfahrenskostenhilfeantrag.
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