Besteht der vom Vermieter behauptete Kündigungsgrund des Eigenbedarfs nicht, kann dies Schadensersatzansprüche des Mieters gemäß § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz …
(Link: Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 280 Abs. 1 BGB wegen einer Vertragsverletzung auslösen. Darüber hinaus kommen auch deliktische Schadensersatzansprüche des Mieters gegenüber dem Vermieter gemäß den §§ 823 ff. BGB in Betracht.
1. Schwierigkeiten beim Nachweis des Selbstnutzungswillens
Die Voraussetzungen des Schadensersatzanspruches aus einer Vertragsverletzung bzw. aus Delikt muss der Mieter darlegen und beweisen. Diese Darlegungs- und Beweislast des Mieters bezieht sich insbesondere auf den Selbstnutzungswillen des Vermieters.
Der Mieter muss beweisen, dass der Selbstnutzungswillen des Vermieters von vornherein nicht vorhanden war. Ein derartiger Beweis für einen subjektiven Willen des Vermieters dürfte in der Regel für den Mieter sehr schwierig zu führen sein. Diese Problematik hat auch der www.juris.bundesgerichtshof.deBundesgerichtshof in einem Urteil vom 18. Mai 2005 (VIII ZR 368/03) gesehen und im Ergebnis festgestellt, dass sich der Vermieter nicht darauf beschränken darf, die Behauptungen des Mieters einfach zu bestreiten. Jedenfalls wenn der Vermieter den mit der Kündigung behaupteten Selbstnutzungswillen nicht in die Tat umsetzt, liegt nämlich der Verdacht nahe, dass der Eigenbedarf als Kündigungsgrund nur vorgeschoben worden ist. Dann muss der Vermieter substantiiert und plausibel darlegen, aus welchem Grund der mit der Kündigung geltend gemachte Eigenbedarf nachträglich entfallen sein soll. Den Vermieter trifft dann die sekundäre Darlegungslast.
Zur Darlegungs- und Beweislast im Schadensersatzprozess des Mieters wegen unberechtigter Eigenbedarfskündigung.
… Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs obliegt dem Prozessgegner eine sogenannte sekundäre Behauptungslast, wenn die primär darlegungsbelastete Partei außerhalb des darzulegenden Geschehensablaufs steht und keine Kenntnisse von den maßgeblichen Tatsachen besitzt, während der Prozessgegner zumutbar nähere Angaben machen kann … . Im Rahmen des Zumutbaren kann vom Prozessgegner insbesondere das substantiierte Bestreiten einer negativen Tatsache unter Darlegung der für das Positivum sprechenden Tatsachen und Umstände verlangt werden … .
Welche Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast des Vermieter zu stellen sind, muss im Einzelfall beurteilt werden. Es sollten hohe Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast des Vermieters gestellt werden, wenn der geltend gemachte Eigenbedarf nicht in die Tat umgesetzt wird.
2. Rechtsfolgen des vertraglichen Anspruches
Der Schadensersatzanspruch des Mieters gegen den Vermieter ist auf das sogenannte Erfüllungsinteresse gerichtet.
Der Mieter ist so zu stellen, wie er stehen würde, wenn der Vermieter ordnungsgemäß erfüllt hätte, § 249 BGB – Art und Umfang des Schadensersatzes
(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
(2) …
(Link: Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 249 Abs. 1 BGB. Zu ersetzen sind insbesondere folgende Positionen:
- Kosten der Suche von Ersatzwohnraum,
- Umzugskosten,
- Anschaffungskosten für Gardinen, Lampen, Blatteinbauten, …,
- zusätzliche Mietkosten.
Entgegen einer weitverbreiteten Ansicht von der Mieter nicht den Ersatz von Aufwendungen verlangen, die er im Vertrauen auf den Fortbestand des Mietverhältnisses gemacht hat. Zu diesen Aufwendungen gehören insbesondere Renovierungskosten für die bisherige Wohnung.
3. Schadenersatz bei Abschluss einer Aufhebungsvertrages?
Der „eigentlich“ berechtigte Schadensersatzanspruch des Mieters gegenüber dem Vermieter wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs könnte entfallen, wenn nach der Eigenbedarfskündigung des Vermieters ein Aufhebungsvertrag zwischen den Parteien vereinbart worden ist.
Demgegenüber vertritt allerdings der www.juris.bundesgerichtshof.deBGH in einem Urteil vom 8. April 2009 (VIII ZR 231/07) die Auffassung, dass ein Schadensersatzanspruch durch den Abschluss eines Mietaufhebungsvertrages jedenfalls dann nicht ausgeschlossen wird, wenn der Mieter dies in der irrigen Annahme tut, dass er zur Räumung verpflichtet sei:
- …
- b) Darf der Mieter das Räumungsverlangen des Vermieters materiell für berechtigt halten, wird sein Schadensersatzanspruch nicht dadurch ausgeschlossen, dass er – in der Vorstellung, zur Räumung des Mietobjekts verpflichtet zu sein – sich mit dem Vermieter auf eine einvernehmliche Beendigung des Mietverhältnisses einigt.
Bei einem Räumungsvergleich kann ebenfalls die Frage auftauchen, ob das Bestehen des Kündigungsgrundes von der abgeschlossenen Vereinbarung erfasst wird oder nicht. Es ist im Einzelfall zu entscheiden. Wird die Frage des Bestehens des Kündigungsgrundes von dem Vergleich erfasst, so dürfte ein Schadensersatzanspruch des Mieters wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs nicht bestehen. Ist hingegen das Bestehen des Kündigungsgrundes Geschäftsgrundlage des betroffenen Vergleiches, so scheidet ein Schadensersatzanspruch nicht aus (vgl. www.juris.bundesgerichtshof.deBGH vom 10. Juni 2015 (VIII ZR 99/14):
- …
- b) Ob ein Räumungsvergleich den Zurechnungszusammenhang zwischen der Vortäuschung einer (Eigen-)Bedarfssituation und dem später vom Mieter geltend gemachten Schaden unterbricht, ist im Wege der Auslegung des Vergleichs und unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls danach zu beurteilen, ob die Parteien durch gegenseitiges Nachgeben auch den Streit darüber beilegen wollten, ob die (Eigen-)Bedarfslage des Vermieters bestand oder nur vorgetäuscht war. Nur dann, wenn mit dem Vergleich auch etwaige Ansprüche des Mieters wegen eines nur vorgetäuschten Bedarfs abgegolten werden sollten, fehlt es an dem erforderlichen Zurechnungszusammenhang (Fortführung von BGH, Beschluss vom 7. September 2011 – VIII ZR 343/10, aaO).
- c) An das Vorliegen des Willens des Mieters, auf etwaige Ansprüche gegen den Vermieter wegen eines nur vorgetäuschten (Eigen-)Bedarfs zu verzichten, sind strenge Anforderungen zu stellen; der Verzichtswille muss – auch unter Berücksichtigung sämtlicher Begleitumstände – unmissverständlich sein (Anschluss an und Fortführung von BGH, Urteile vom 21. November 2006 – VI ZR 76/06, NJW 2007, 368 Rn. 9; vom 26. Oktober 2009 – II ZR 222/08, NJW 2010, 64 Rn. 18; vom 18. September 2012 – II ZR 178/10, WM 2012, 2231 Rn. 22; vom 22. April 2015 – IV ZR 504/14, juris Rn. 15).
- d) Für einen stillschweigenden Verzicht des Mieters auf die vorgenannten Ansprüche bedarf es regelmäßig bedeutsamer Umstände, die auf einen solchen Verzichtswillen schließen lassen (Fortführung von BGH, Urteile vom 11. Oktober 2000 – VIII ZR 276/99, juris Rn. 18; vom 20. September 2006 – VIII ZR 100/05, WM 2007, 177 Rn. 22; Beschluss vom 19. September 2006 – X ZR 49/05, juris Rn. 27). Derartige Umstände können bei einem Räumungsvergleich etwa darin liegen, dass sich der Vermieter zu einer substantiellen Gegenleistung – wie etwa einer namhaften Abstandszahlung – verpflichtet.
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