Der Vermieter muss dem Mieter den Energieausweis bzw. eine Kopie davon bei Vertragsabschluss übergeben, § 16 Abs. 1 S 4 EnEV in Verbindung mit § 16 Abs. 1 S. 3 EnEV bzw. § 80 Abs. 5 GEG (beachte: ab dem 1. November 2020 gilt das Gesetz zur Einsparung von Energie und zur Nutzung erneuerbarer Energien zur Wärme- und Kälteerzeugung in Gebäuden, im Folgenden: GEG). Die Verletzung der Übergabepflicht stellt sich sogar als Ordnungswidrigkeit im Sinne des § 27 Abs. 2 Nr. 5 EnEV dar (heute: § 108 Nr. 14 GEG).
Der Vermieter hat sogar dem „nur“ potentiellen Mieter einen Energieausweis vorzulegen, § 16 Abs. 2 S. 4 EnEV in Verbindung mit § 16 Abs. 2 S. 1 EnEV (heute: § 80 Abs. 5 GEG). Der Vermieter muss dies jedenfalls unverzüglich dann tun, wenn der potentielle Mieter dies verlangt, § 16 Abs. 2 S. 4 EnEV in Verbindung mit § 16 Abs. 2 S. 2 EnEV. Die Vorlagepflicht wird auch durch einen deutlich sichtbaren Aushang oder ein deutlich sichtbares Auslegen während der Besichtigung erfüllt, § 16 Abs. 2 S. 1, letzter Halbsatz EnEV. Der Wortlaut des § 16 EnEV spricht nun seit der EnEV 2014 nicht mehr nur von „Zugänglichmachen“. Die EnEV 2014 spricht von einer „Vorlagepflicht“. Die EnEV 2014 räumt dem potentiellen Mieter allerdings keinen Anspruch auf Übergabe des Originalausweises oder einer Kopie hiervon ein.
Dem Wortlaut nach war die Vorlagepflicht – jedenfalls für die EnEV 2009 – auf den Zeitraum bis zum Vertragsabschluss begrenzt. Es war fraglich, ob eine Informationspflicht auch im laufenden Mietverhältnis besteht. Hierzu wurde die Ansicht vertreten, dass der Vermieter den Bestandsmietern keine Vorlage schulde (vgl. u. a. Beate Flatow, Auswirkungen der EnEV auf Miet- Kauf- und Werkverträge, NJW 2008, 2886 (2889) und – auch heute noch – einige Kommentierungen zur Energieeinsparverordnung):
Auch der Bestandsmieter hat keinen zivilrechtlichen Anspruch auf Vorlage eines Energieausweises, gleich ob schon erstellt oder nicht. Zu denken wäre insoweit allenfalls an eine vertragliche Nebenpflicht aus dem besonderen Treueverhältnis zwischen Mieter und Vermieter. Das lässt sich aber nicht begründen. Der Bestandsmieter hat kein schutzwürdiges Interesse daran, den Energieausweis zu kennen. Seine konkreten Verbrauchsdaten kennt der Mieter bereits, kann also seine Heizkosten mit denjenigen in anderen Wohnungen vergleichen. Der Vermieter ist nach Treu und Glauben nicht gehalten, die Mieter „nur aus Interesse“ Daten zur Verfügung zu stellen.
Die vorstehend angeführte Ansicht vermag allerdings den Unterzeichner – jedenfalls für die EnEV 2014 – nicht zu überzeugen. Es fragt sich, warum der Vermieter gegenüber dem Mieter „Geheimniskrämerei“ betreiben dürfen soll und dies dann auch noch gesetzlich legitimiert sein soll. Jedenfalls muss es dem Mieter zum Beispiel bei einer Mieterhöhung gemäß § 558 Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete
(1) Der Vermieter kann die Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen, …
(Link: Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 558 BGB aufgrund eines qualifizierten Mietspiegels doch erlaubt sein, die Vorlage eines vorhandenen Energieausweises zu fordern, wenn dieser vorsieht, dass insbesondere der energetische Zustand einer Wohnung einen Faktor in der Mietpreisbildung darstellt und im Rahmen der „Spanneneinordnung“ berücksichtigt wird. Hinzu kommt auch noch, dass § 16 Abs. 1 S. 4 EnEV ausdrücklich regelt, dass die Vorschriften des § 16 Abs. 2 S. 1 bis 3 EnEV für das Mietrecht entsprechend anwendbar sind. § 16 Abs. 2 S. 3 EnEV spricht dann aber deutlich davon, dass der Verkäufer dem Käufer „den Energieausweis oder eine Kopie hiervon“ bei Vertragsabschluss zu übergeben hat. Auf den Mietvertrag bedeutet das, dass der Vermieter dem Mieter eine Kopie des Ausweises übergeben muss.
Die Konsequenzen einer Verletzung der Übergabepflicht des Energieausweises dürften „rechtlich interessant“ werden. Jedenfalls stellt sich ausdrücklich auch die Verletzung der Übergabepflicht durch den Vermieter gemäß § 16 Abs. 2 S. 4 EnEV („auch in Verbindung mit S. 4“) als Ordnungswidrigkeit gemäß § 27 Abs. 2 Nr. 5 EnEV dar! Es bleibt abzuwarten, inwieweit die Verletzung der Pflicht zur Übergabe des Ausweises z. B. zu einer vorzeitigen Kündigung, zu Mängeleinreden etc. berechtigt.
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