Das Zurückbehaltungsrecht bzw. das Leistungsverweigerungsrecht kann die Mietminderungsquote übersteigen.
Die Rechtsprechung begrenzt die Höhe des Zurückbehaltungsrechts überwiegend auf das 3-bis 5-fache des Minderungsbetrages. Im Hinblick auf die einschlägigen Rechtsnormen ist § 320 Einrede des nicht erfüllten Vertrags
(1) Wer aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung…
(Link: Gesetzestext hier im Internetauftritt) § 320 BGB zu beachten, gegebenenfalls auch § 273 Zurückbehaltungsrecht
(1) Hat der Schuldner aus demselben rechtlichen Verhältnis, auf dem seine Verpflichtung beruht, einen fälligen Anspruch gegen den Gläubiger, …
(Link: Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 273 BGB. In der Regel dürfte § 320 BGB aufgrund der „synallagmatischen Verknüpfung“ (Gegenseitigkeit) der in Rede stehenden Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag einschlägig sein. Die Leistungsverweigerung gibt dem Mieter die zusätzliche Möglichkeit, Druck auf den Vermieter zur Erfüllung seiner Pflichten auszuüben. Zu beachten ist allerdings, dass der zurückbehaltene Betrag im Gegensatz zur Minderung bei Mangelbeseitigung zurückgezahlt werden muss.
Auch bei Beendigung des Mietverhältnisses ist der zurückbehaltene Mietzins auszuzahlen. Das Zurückbehaltungsrecht endet.
Das Zurückbehaltungs- bzw. Leistungsverweigerungsrecht muss nicht ausdrücklich benannt werden. Es genügt, wenn klar ist, dass die Miete als Druckmittel einbehalten wird, bis die Mängel beseitigt sind. Das Recht sollte aber möglichst ausdrücklich benannt werden.
Darüber hinaus ist auch § 556b Fälligkeit der Miete, Aufrechnungs- und Zurückbehaltungsrecht
(1) …
(2) … Zurückbehaltungsrecht ausüben, wenn er seine Absicht dem Vermieter mindestens einen Monat vor der Fälligkeit der Miete in Textform angezeigt hat …
(Link: Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 556 b Abs. 2 S. 1 BGB im Wohnraummietverhältnis zu beachten: Der Mieter muss seine Absicht der Zurückbehaltung (wie auch der Aufrechnung) dem Vermieter mindestens einen Monat vor der Fälligkeit der Miete in Textform anzeigen.
Der sicherste Weg sollte gewählt werden:
An
den Vermieter
…
Mängelanzeige
Wohnung X-Straße … in …
Datum: …
Ausübung des Zurückbehaltungs- bzw. Leistungsverweigerungsrecht
Sehr geehrte(r) Herr/Frau …,
… (s. Muster Mängelanzeige in dem Beitrag „Pflicht des Mieters zur Mängelanzeige“)
… Darüber hinaus wird mein Mandant die Miete in Zukunft in dem rechtlich zulässigen Umfang bis zur Behebung der Mängel aufgrund des gesetzlichen Leistungsverweigerungsrechtes zurückhalten. Diesbezüglich wird zusätzlich zu der geltend gemachten Minderung in Höhe von … € (Beispiel: 10 %) ein weiterer Einbehalt von … Euro (= 20 %) monatlich für angemessen und begründet erachtet. Ich halte ein Zurückbehaltungs- bzw. Leistungsverweigerungsrecht in 3-facher Höhe des Minderungsbetrages nicht für zu hoch. … Mein Mandant wird das Zurückbehaltungsrecht frühestens einen Monat nach dieser Anzeige Ihnen gegenüber geltend machen. …
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt
Wie oben bereits angesprochen ist die Höhe des Zurückbehaltungsrechts bzw. des Leistungsverweigerungsrechts oft umstritten. In der Regel wird es sich um Einzelfallentscheidungen handeln, die im Rahmen der gemäß § 242 Leistung nach Treu und Glauben
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(Link: Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 242 BGB anzustellenden Erwägungen getroffen werden müssen. Diesbezüglich kann dann die Höhe des Zurückbehaltungsrechts nicht nur im Hinblick auf die Höhe des Minderungsbetrages berechnet werden. Auch die voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten können gegebenenfalls Beachtung finden. Im Einzelfall kann so ein Zurückbehaltungsrecht in Höhe des 3- bis 5-fachen des zur Reparatur erforderlichen Betrages gerechtfertigt sein.
Die Leistungsverweigerung gemäß § 320 BGB kann also dem Mieter die zusätzliche Möglichkeit geben, Druck auf den Vermieter zur Erfüllung seiner Pflichten auszuüben. Das Zurückbehaltungsrecht bzw. die Leistungsverweigerung kann schließlich dazu führen, dass die Miete rückwirkend einbehalten werden kann. Dies gilt allerdings erst, nachdem der Mieter dem Vermieter den Mangel angezeigt hat (vgl. dazu www.juris.bundesgerichtshof.deBGH vom 3. November 2011, VIII ZR 330/09, Leitsatz).
Der Mieter mindert die Miete zurecht um 10 % und setzt den Vermieter von den Mängeln in Kenntnis. Ein Leistungsverweigerungsrecht macht der Mieter zunächst nicht geltend.
Ein Jahre später, im Zahlungsprozess des Vermieters gegen den Mieter, macht der Mieter ausdrücklich das Leistungsverweigerungsrecht geltend und zahlt sodann zwei Monate keine Miete mehr. Der Vermieter kündigt daraufhin den Vertrag.
Die Kündigung des Vermieters ist unwirksam, da der Mieter die Miete jeweils um zumindest 30 % (3-fache des Minderungsbetrages) rückwirkend ab der Kenntniserlangung des Vermieters von dem Mangel vor einem Jahr einbehalten durfte.
Sobald der Mangel beseitigt wird, entfällt allerdings das Leistungsverweigerungsrecht. Zinsen muss der Mieter mangels Verzug nicht auf die geltend gemachten Mietzinsen entrichten. Die Zahlung sollte aber umgehend nach dem Entfallen der Voraussetzungen für das Leistungsverweigerungsrecht erfolgen. Ab dem Zeitpunkt der Beseitigung des Mangels besteht Verzug, der gegebenenfalls zur Kündigung berechtigen kann. Demgegenüber muss der Mieter den einbehaltenen Betrag aber nicht auf ein Sperr- oder auf ein Sonderkonto überweisen.
Schließlich kann aber auch die vorsorgliche Ausübung des Zurückbehaltungsrechts bzw. des Leistungsverweigerungsrechts dazu führen, dass ein etwaiger Irrtum über die Höhe der Minderung aufgefangen werden kann und so nicht dazu führt, dass dem Mieter wegen Zahlungsverzuges gekündigt werden kann. Durch die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts und des Leistungsverweigerungsrechts kann die Miete zusätzlich zu der Minderung weiter reduziert werden, ohne dass dadurch Zahlungsverzug eintritt.
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