Liegen Mängel vor, die den Wohnraum unbewohnbar machen, so kommen mehrere Ansprüche des Mieters gegenüber dem Vermieter in Betracht:
- Zum einen kann der Mieter die Miete gegebenenfalls um bis zu 100 % mindern und in der Wohnung verbleiben.
- Zum anderen kann der Mieter bei Vorliegen besonderer Voraussetzungen – im Ausnahmefall – den Mietvertrag kündigen (vgl. dazu den Beitrag „Außerordentliche fristlose Kündigung durch den Mieter wegen Mängeln
Grundsätzlich kann der Mieter – wie auch der Vermieter – den Mietvertrag außerordentlich kündigen, wenn ein „wichtiger Grund“ vorliegt, vgl. § 543 Abs. 1 S. 1 BGB.
…
(Link: zum Beitrag hier im Internetauftritt)Außerordentliche fristlose Kündigung durch den Mieter wegen Mängeln„). Umzugskosten, eventuell anfallende Maklerprovision und die Differenz zwischen der früheren und der neuen Miete muss dann der Vermieter bis zum Ablauf der Kündigungsfrist ausgleichen. - Zwischen Mieter und Vermieter kann allerdings auch vereinbart werden, dass eine Ersatzwohnung gestellt wird. Dann muss für die Ersatzwohnung Miete nur gezahlt werden, wenn eine entsprechende Vereinbarung vorliegt.
Was gilt aber, wenn eine Ersatzwohnung nicht gestellt wird und/oder die Stellung einer Ersatzwohnung auch nicht sinnvoll ist (z. B. weil vorübergehend ein Hotel bezogen wird)?
Kann der Mieter dann die Miete um bis zu 100 % mindern und zusätzlich Ersatz der Kosten für den Ersatzwohnraum (z. B. für ein Hotel) verlangen?
Gemäß § 555 a Erhaltungsmaßnahmen
…
(3) Aufwendungen, die der Mieter infolge einer Erhaltungsmaßnahme machen muss, hat der Vermieter in angemessenem Umfang zu ersetzen. …
(Link: Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 555 a Abs. 3 BGB hat der Mieter gegenüber dem Vermieter einen Aufwendungsersatzanspruch. Der Vermieter hat Aufwendungen, die der Mieter infolge von Erhaltungsmaßnahmen machen muss, in angemessenem Umfang zu ersetzen, § 555 a Erhaltungsmaßnahmen
…
(3) Aufwendungen, die der Mieter infolge einer Erhaltungsmaßnahme machen muss, hat der Vermieter in angemessenem Umfang zu ersetzen. …
(Link: Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 555 a Abs. 3 S. 1 BGB. Auf Verlangen hat der Vermieter auch einen Vorschuss zu leisten, § 555 a Erhaltungsmaßnahmen
…
(3) … Auf Verlangen hat er Vorschuss zu leisten.
(Link: Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 555 a Abs. 3 S. 2 BGB.
1. Erhaltungsmaßnahmen
Der Begriff der Erhaltungsmaßnahmen, die der Mieter zu dulden hat, umfasst sowohl Instandhaltungs- als auch Instandsetzungsarbeiten.
Zu den Erhaltungsmaßnahmen zählen auch die Maßnahmen, die ergriffen werden müssen, um den Wohnraum wieder bewohnbar zu machen. Dazu wiederum gehören auch die Maßnahmen, die ergriffen werden müssen, um schwere Mietmängel und deren Folgen zu beheben.
2. Aufwendungen
Zu den Aufwendungen im Sinne des § 555 a Abs. 3 BGB, die der Vermieter dem Mieter bei der Ausführung der Erhaltungsmaßnahmen zu ersetzen hat, gehören auch die Kosten einer Hotelunterkunft oder einer anderweitigen Unterkunft, die der Mieter infolge der Unbewohnbarkeit der Wohnung während deren Instandsetzung übergangsweise aufbringt.
Kosten für die Hotelunterbringung, Ersatzmiete und Courtage sind daher Aufwendungen im Sinne von § 555 a Abs. 3 S. 1 BGB.
3. angemessener Umfang
Aufwendungen sind insoweit zu ersetzen, als sie objektiv erforderlich sind. Der Mieter darf keinen unvernünftigen Aufwand zulasten des Vermieters betreiben. Der Mieter muss aber nicht den billigsten Weg wählen. Er kann grundsätzlich seinen gewohnten Lebensstandard beibehalten.
Ersparte Mietzahlungen müssen allerdings gegebenenfalls in Abzug gebracht werden (vgl. dazu u. a. Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 27. August 2014 (41 C 14/14).
Zum Ersatz von Hotelkosten neben einer Minderung auf null vergleiche ein Urteil des www.justiz.nrw.deAmtsgerichts Köln vom 7. Juli 2020 (227 C 6/17):
- …
- [34] Angesichts des Ausmaßes der Mängel hält das Gericht gemäß § 287 ZPO unter Berücksichtigung der in ähnlich gelagerten Fällen ergangenen Rechtsprechung eine Minderung auf null und damit in der eingeklagten Höhe, nämlich die Herabsetzung der Miete für die eingeklagten Zeiträume 24.04. bis 30.04.2013 = 112,00 EUR, für den Monat Mai 480,00 EUR und für den Zeitraum 01.06. bis 11.06.2013 = 160,00 EUR, d.h. insgesamt 752,00 EUR, für gerechtfertigt.
- …
- [66] Es sind Mehrkosten in Höhe von 9 x 33,89 EUR für die Zeit vom 29.05. bis 07.06.2013 sowie für die Zeit vom 07.06. bis 12.06.2013 von 5 x 26,67 EUR angefallen. Bei einem Bruttomietzins von 700,00 EUR betragen die Kosten der täglichen Unterbringung 23,33 EUR. Im Zeitraum 29.05. bis 07.06.2013 betrugen die Hotelkosten 515,00 EUR = 57,22 EUR/Tag. Vom 07.06. bis 12.06.2013 fielen 250,00 EUR = 50,00 EUR/Tag an. Die Differenz von Hotelkosten zu den Kosten der Unterbringung (Miete) ergibt den ersatzfähigen Betrag. Hinzu kommen Kosten für einen Stellplatz von 15,00 EUR.
- [67] Daneben steht dem Kläger auch ein Anspruch auf Zahlung von 320,00 EUR aus §§ 536a Abs. 1 2. Fall i.V.m. 1922, 1967 BGB für das Ein- und Ausräumen der Wohnung zu.
4. Verhältnis Minderungsrecht zum Aufwendungsersatzanspruch
Das Verhältnis des Aufwendungsersatzanspruches zu dem Minderungsrecht ist nicht durch obergerichtliche Rechtsprechung geklärt. Die hier vertretene Auffassung, die auch das Amtsgericht Hamburg vertritt, nimmt ein Nebeneinander von Aufwendungsersatzanspruch und Minderungsanspruch an.
Im Rahmen der Frage der Angemessenheit der Aufwendungen muss dann im Einzelnen geprüft werden, ob und in welcher Höhe eine Anrechnung der Kosten der Ersatzunterkunft auf die Minderung gerechtfertigt ist.
Iris Peche says
Durch Baumängel ist in meiner Mietwohnung ein großer Wasserschaden entstanden und ich muss mit meiner Tochter für ca. 6 Monate meine Wohnung räumen und bei Bekannten unterkommen. Dadurch ist der Fahrweg zur Schule und meiner Arbeitsstelle länger. Steht mir ein Schadenersatz o.ä. zu?
Rechtsanwalt Nippel says
Hallo Frau Peche,
Ihre Aufwendungen müssen gemäß § 555 a Abs. 3 BGB ersetzt werden. Dazu gehören die Kosten der Unterkunft. Wenn Sie sich also an den Kosten der Unterkunft Ihres Bekannten beteiligen müssen, sollten diese Aufwendungen ersetzt werden.
Welche im Rahmen Ihrer Duldungspflicht entstehenden Mehrkosten „angemessen“ sind, vermag ich nicht genau einzuschätzen. Nach einer ersten Einschätzung dürfte allerdings der Ersatz höherer Kosten für Fahrwege und evtl. auch der Ersatz von längeren Zeiten nicht abwegig sein.
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt
Alex L. says
Wir hatten das Problem, dass aufgrund mehrerer lockerer Fliesen hinter der Badewanne Wasser in die Fugen und hinter den Fliesenspiegel lief. Dies teilten wir der Vermieterin mit und baten darum, den Mangel zu beseitigen, da dadurch über kurz oder lang ein Wasserschaden im darunter liegenden Stockwerk entstanden wäre.
Es wurde daraufhin entschieden das komplette Bad zu sanieren/modernisieren, anstatt nur den Fliesenspiegel zu reparieren. Das Bad wurde komplett entkernt, also alle Sanitäranlagen (Wann, WC und Waschbecken) entfernt und erneut. Der vorhandene große Wasserboiler wurde durch einen Durchlauferhitzer ersetzt. Diese Maßnahme dauerte 5 Wochen, da es der Vermieterin nicht möglich war kurzfristig und möglichst zeitgleich Termine bei allen notwendigen Handwerkern (Elektriker, Installateure, Fliesenleger, Fußbodenleger) zu bekommen. Von Seiten der Vermieterin bekamen wir für diese Zeit lediglich die Möglichkeit zur Nutzung ihres Gästebades, mit WC und Waschbecken. Da dies für uns unzumutbar war, zogen wir während der Baumaßnahmen in unsere Gartenlaube um, da wir dort wenigstens eine Dusche hatten.
Auf Anfrage nach einer Mietminderung nach Wiedereinzug in unsere Wohnung bekamen wir die Antwort, dass wir dies bitte schriftlich zu beantragen hätten. Gleichzeitig wurden wir aber gleich darauf hingewiesen, dass es mit einer Minderung schlecht aussähe, da wir ja die von der Vermieterin angeboten Nutzung des Gästebades hätten in Anspruch nehmen können und dadurch nicht hätten ausziehen müssen. Eine Wanne oder Dusche wäre nur Luxus und muss nicht unbedingt vorhanden sein, was ich persönlich für eine wirklich dreiste Aussage halte. Wie ist die Rechtslage in diesem Fall? Darf ich die Miete eigenständig mindern (Wenn ja, um welchen Prozentsatz?) oder bedarf dies tatsächlich der Zustimmung der Vermieterin?
Rechtsanwalt Nippel says
Hallo Alex,
bei der Bemessung der Minderungsquote kommt es auf die Zeitdauer der Beeinträchtigung an. … tatsächlich haben Gerichte bei einer Sanierung des Bades nur 10 bis 20 % Minderung angesetzt (weil nur eine entsprechend geringe Teilfläche von Wohnungen nicht nutzbar war) … Dann könnten Sie nur eine Minderung in Höhe von 10 bis 20 % der Bruttowarmmiete für 5 Wochen geltend machen.
Allerdings führen Sie aus, dass Sie tatsächlich die gesamte Wohnung 5 Wochen gar nicht nutzen konnten und auch nicht genutzt haben, die gesamt Wohnung sei aufgrund der kompletten Entkernung nicht nutzbar gewesen. … Dies hört sich nicht abwegig an und müsste eigentlich geeignet sein, eine Minderung von 100 % für die 5 Wochen zu begründen. Allerdings fürchte ich, dass Sie mit einer derartigen Forderung zumindest teilweise Schiffbruch erleiden würden. Im Ergebnis halte ich eine Minderung in Höhe von 50 % für die Wochen für durchaus realistisch.
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt
Marta Weyreter says
Frage:
Mein Freund hat in der Wohnung unter sich einen Wasserschaden. Ihm wurde verboten zu duschen und übergangsweise wurde er von der Vermieterin in einer Ferienwohnung untergebracht. Er zahlt weiterhin die Miete.
Die Besitzerin der Ferienwohnung verbietet es mir bei ihm zu übernachten, ist das rechtens???
Vielen Dank für die Beantwortung. LG
Rechtsanwalt Nippel says
Hallo Frau Weyreter,
der Vermieter Ihres Freundes sowie auch der „Ersatzvermieter“ darf Ihnen bzw. Ihrem Freund nicht verbieten, bei Ihrem Freund zu übernachten.
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt
Sascha says
Wegen eines Wasserschadens 2 Stockwerke über meiner Mietwohnung muss nun 8 Wochen danach meine Wohnung umfangreich saniert werden, da sich Schimmel gebildet hat. Sehr kurzfristig bin ich nun für vorerst 5 Wochen in ein Hotel gezogen. Welche Kosten müssen übernommen werden? ich habe Mehraufwendungen in der Verpflegung, da ich nun keine Küche zur Verfügung habe, Wäsche waschen, verlängerter Fahrtweg zur Arbeit, Festnetzanschluss ist nicht nutzbar usw. …
danke für fachkundige Antworten
Rechtsanwalt Nippel says
Hallo Sascha,
pauschale Antworten sind hier schwer …
Sie sind aber auf dem richtigen Weg: Machen Sie doch einfach alle Kosten, die Sie in Ihrer Frage benannt haben, geltend …
Abzüge muss dann der Vermieter bzw. die möglicherweise hinter dem Vermieter stehende Versicherung geltend machen …
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt
Helga Schedl says
Ich habe eine Eigentumswohnung (ein Einzimmerapartment) vermietet, in der ein Wasserschaden durch Abwasser entstanden ist – Verursacher nicht zu finden. Nun ist die Wohnung unbewohnbar, weil das Laminat neu verlegt werden muss. Die Mieterin wohnt vorübergehend bei einer Freundin. Wer zahlt nun was? Um größeren Schaden zu vermeiden, muss in der Wohnung geputzt werden; wer ist dafür zuständig? Wer besorgt und bezahlt die Ersatzunterbringung?
Rechtsanwalt Nippel says
Hallo Frau Schedl,
gibt es Versicherungen?
Jedenfalls ist der Vermieter gemäß § 535 Abs. 1 S. 2 BGB verpflichtet, die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Kann er dies nicht, hat der Mieter diverse Optionen, um Mängel, Schäden, Aufwendungen etc. gegenüber dem Vermieter geltend zu machen.
Ich verstehe an dieser Stelle nicht, worauf die Frage nach dem Putzen abzielt. Sie werden wohl verpflichtet sein, den ordnungsgemäßen/vertragsgemäßen Zustand wieder herzustellen bzw. herstellen zu lassen. Die Mieterin dürfte so ohne weiteres nicht verpflichtet sein, den Handwerkern „hinterzuputzen“.
Aufwendungen sind gemäß dem oben Ausgeführten zu ersetzen. Wenn eine Versicherung eintritt, dürfte dies helfen.
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt