Die Pflicht des Vermieters zur Vorlage von Belegen folgt aus § 259 Umfang der Rechenschaftspflicht
(1) Wer verpflichtet ist, über eine mit Einnahmen oder Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen,…
(Link: Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 259 BGB. Dem Mieter steht also das Recht zu, die Belege einzusehen. Damit ist allerdings noch kein Recht verbunden, von dem Vermieter die Fertigung von Kopien zu fordern. Die Übersendung von Kopien dürfte allerdings zumeist für Mieter und Vermieter die praktischste Art sein, Streitfragen zu klären.
Nur bei preisgebundenem Wohnraum hat der Mieter ein Wahlrecht, ob er die Überlassung von Rechnungskopien wünscht oder ob er Einsicht in die Originale verlangt, § 29 Auskunftspflicht des Vermieters
(1) Der Vermieter hat dem Mieter auf Verlangen Auskunft über die Ermittlung und Zusammensetzung …
(Link: Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 29 der Verordnung über die Ermittlung der zulässigen Miete für preisgebundene Wohnungen (NMV 1970).
1. Inhalt des Einsichtsrecht
Welchen Inhalt hat das Einsichtsrecht des Mieters?
Das Einsichtsrecht bezieht sich auf alle Unterlagen, auf denen eine Abrechnung – insbesondere eine Betriebskostenabrechnung – beruht. Es sind auf Anforderung alle Unterlagen vorzulegen, aus denen sich Berechnungsfaktoren für erteilte Abrechnungen ergeben. Das Einsichtsrecht bezieht sich allerdings nur auf die beim Vermieter vorhandenen Unterlagen. Den Vermieter trifft keine Pflicht, sich bestimmte Unterlagen zur Einsicht durch den Mieter zu verschaffen. Der Mieter hat das Recht, die vorhandenen Originalunterlagen einzusehen.
Zum Einsichtsrecht des Mieters gehört es, dass er in zumutbarer Weise Einsicht nehmen kann. Die Belege müssen geordnet vorgelegt werden. Der Mieter darf Belege fotografieren.
Der Mieter preisfreien Wohnraums hat grundsätzlich keinen Anspruch gegen den Vermieter auf Überlassung von Fotokopien der Abrechnungsbelege zur Betriebskostenabrechnung (vgl. dazu www.juris.bundesgerichtshof.de Urteil des BGH vom 8. März 2006 (VIII ZR 78/05, Leitsatz b).
Ein Anspruch des Mieters auf Übermittlung von Fotokopien von Rechnungsbelegen kommt nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) ausnahmsweise dann in Betracht, wenn ihm die Einsichtnahme in die Abrechnungsunterlagen in den Räumen des Vermieters nicht zugemutet werden kann (LG Frankfurt am Main, LG Köln, LG Zwickau, jew. aaO).
2. Ort des Einsichtsrechts
Wo ist die Belegeinsicht zu gewähren?
Die Belege zu den Betriebskosten sind beim Vermieter einzusehen.
Wenn der Vermieter seinen Sitz weit entfernt vom Mieter hat, kann er aber verpflichtet sein, die Originalbelege an den Ort des Mietobjektes zu verbringen bzw. Belegkopien zu übersenden (vgl. dazu www.lrbw.juris.de LG Freiburg, Urteil vom 24. März 2011, 3 S 348/10):
1. Liegt der Sitz des Vermieters weit entfernt vom Ort der Mietwohnung (hier: über 400 km), ist der Anspruch des Mieters auf Einsicht in die Betriebskostenbelege am Ort des Mietobjekts zu erfüllen.
2. Auf die Übersendung von Fotokopien, gleich ob mit oder ohne Kostentragungspflicht, muss sich der Mieter regelmäßig nicht verweisen lassen.
3. Verweigerung der Belegeinsicht
Welche Rechte hat der Mieter bei Verweigerung der Belegeinsicht?
Bei Verweigerung der Belegeinsicht durch den Vermieter steht dem Mieter ein Zurückbehaltungsrecht an einem möglicherweise geforderten Nachzahlungsbetrag gemäß § 273 Zurückbehaltungsrecht
(1) Hat der Schuldner aus demselben rechtlichen Verhältnis, auf dem seine Verpflichtung beruht, …
(Link: Gesetzestext hier im Internetauftritt)§ 273 BGB zu. Bei Verweigerung kann der Mieter auch Klage auf Erteilung der Belegeinsicht (oder auf Fertigung von Fotokopien) erheben.
4. Musterschriftsatz
Mein „Musterschriftsatz“ für die Belegeinsicht nach einem möglicherweise unberechtigten Nachzahlungsverlangen in einer Betriebskostenabrechnung lautet daher wie folgt:
Musterschriftsatz Belegeinsicht
Sehr geehrte Damen und Herren,
in der vorbezeichneten Angelegenheit zeige ich an, dass ich die Interessen des/der … vertrete. Die Kopie einer Vollmacht ist diesem Schreiben beigefügt.
Zur Prüfung der inhaltlichen Richtigkeit der Nebenkostenabrechnung/ Betriebskostenabrechnung und der darin enthaltenen Kostenpositionen bitte ich um Vorlage von Belegen zu folgenden Positionen:
- Hausmeister (Arbeitsvertrag, Leistungsverzeichnis, Tätigkeitsnachweise, …),
- Hausreinigung (Arbeitsvertrag, Leistungsverzeichnis, Tätigkeitsnachweise, …),
- Aufzugskosten (Übersicht der einzelnen Kostenpositionen, Nachweise zu den einzelnen Positionen, Wartungsverträge, …),
- …
Ich werde die im Amtsgerichtsbezirk üblichen Kopierkostenpauschale in Höhe von 0,25 € pro Kopie auf Anforderung umgehend nach Übersendung der Unterlagen ausgleichen. Ich würde auch einen Vorschuss auf die Kosten leisten. Ggf. bin ich auch bereit, eine Belegeinsicht am Ort des Mietobjektes durchzuführen. Diesbezüglich würde ich in dem Termin Vorlage der vorbenannten Unterlagen bitten. Die Vorlage sollte in geordneter und übersichtlicher Form erfolgen.
Bis zur Vorlage der Belege mache ich bereits jetzt ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB hinsichtlich des Nachzahlungsbetrages in der Betriebskostenabrechnung für meinen Mandanten geltend.
Mit freundlichen Grüßen
Bernd Grützmacher says
Meine Wohnungsverwaltung möchte gern wissen in welche Belege ich Einsicht haben möchte. Welche Belege sind da besonders wichtig oder kann ich grundsätzlich alle Beläge und Rechnungen zu der Betriebskostenabrechnung einsehen? Wo wird gern mal getrickst? Weil 820 € für eine 46 Quadratmeter große Wohnung an Nachzahlung für Betriebskosten mir zu hoch erscheint. Die Wohnung wird von 1 Person bewohnt – können Sie mir da weiterhelfen?
Rechtsanwalt S. Nippel says
Hallo Herr Grützmacher,
Sie werden nicht umhin kommen, sich Ihre Nebenkostenabrechnung genau anzusehen.
Dann sollten Sie für sich beantworten, welche Punkte für Sie nicht plausibel scheinen. Sie sollten ggf. die neue Abrechnung mit „alten“ Abrechnungen vergleichen – wo ergeben sich signifikante Änderungen?
Auch aus einem Vergleich mit einem hier schon mehrfach erwähnte „Betriebskostenspiegel“ könnten sich erste Anhaltspunkte für Fehler ergeben.
Sie sollten prüfen, welche Kosten überhaupt umlagefähig sind (vgl. dazu z. B. den Artikel „Instandhaltungskosten, Instandsetzungskosten und Wartungskosten als umlagefähige Betriebskosten„).
Die Ihnen vorgelegte Abrechnung muss „formell“ rechtmäßig (vgl. dazu „Anforderungen an eine formell ordnungsgemäße Betriebskostenabrechnung durch den Vermieter„).
…
Grüße
Sönke Nippel
Rechtsanwalt